Vier Wochen Usbekistan, anschließend drei Wochen Indien, dann eine Woche nach Japan und zum Schluss fünf Wochen Russland – das alles nur kurz unterbrochen durch ein kurzes „Hallo“ bei den Kollegen am Firmensitz in Achim und ein wenig Urlaub. Was sich für die meisten von uns jetzt sicherlich nach viel Stress anhört, ist für Jan-Martin eigentlich das, was ihm an seinem Job am meisten Spaß macht. Kein Job vor dem PC-Bildschirm, sondern weltweit bei den Kunden unterwegs.

„Meine erste Auslandsreise für DESMA zum „Reinschnuppern“ in den Kundendienst führte 2007 – in den Sommerferien meiner Berufsschule – nach Japan. Zu dem Zeitpunkt war ich im letzten Jahr meiner 2004 begonnenen Ausbildung zum Elektroniker für Automatisierungstechnik und war sofort Feuer und Flamme für die sich mir hier gebotene Möglichkeit, in diesem Bereich arbeiten zu können. Und so bin ich jetzt seit inzwischen zwölf Jahren weltweit unterwegs und erster Ansprechpartner für unsere Kunden vor Ort, wenn es um Aufbau und Inbetriebnahme unserer Anlagen geht“, so Jan-Martin begeistert.

Da hast Du bestimmt schon spannende Sachen erlebt. Welche Erlebnisse sind Dir bei Deinen weltweiten Arbeitseinsätzen besonders in Erinnerung geblieben?

Das stimmt. Da gibt es einiges, was ich so erlebt habe (lacht). Als ich beispielsweise das erste Mal nach Indien gekommen bin, war die Halle, in der unsere 40 Tonnen-Maschine aufgebaut werden sollte, nur ganz normal gefliest und das auch noch auf Sandboden, was ich zu dem Zeitpunkt aber noch nicht wusste. Ergebnis war, dass jeder einzelne Dübel, der für die Verankerung der Maschine in den Boden gehauen wurde, mit einem Schlag durch die Fliese in den Sandboden ging – ohne jeglichen Halt. Damit hieß es für die indischen Kollegen erst einmal ein vernünftiges Fundament aus Beton zu gießen, bevor wir überhaupt mit dem Aufbau beginnen konnten. Ganz anders hingegen zum Beispiel Japan. Hier waren alle Dübel und Gewindestangen schon vorbereitend montiert und passten 1 zu 1. Und bei unseren Kundenschulungen vor Ort in Japan wurde jeder einzelne Schritt bei dem Betrieb der Anlage fototechnisch dokumentiert und bereits am nächsten Tag lag die fertige Anleitung inklusive Fotos vor. Das fand ich schon sehr beeindruckend.

Ein anderes Beispiel sind Kunden, die sich mit der Schuhproduktion überhaupt nicht auskennen und diese erst als neues Betätigungsfeld für sich entdeckt haben (schmunzelt). Da können der Aufbau und das Anlaufen einer mehrere Tonnen schweren Maschine längere Zeit dauern. So war in diesem speziellen Fall – an den ich mich gut erinnere – am Anfang der Hallenboden zu weich und im Folgejahr funktionierte dann die Stromversorgung in der Halle nicht, weil ein wenig geeigneter Generator gewählt worden war. Nach einer zwischenzeitlich externen Stromversorgung ist inzwischen der richtige Generator installiert und die Schuhproduktion am Laufen. Auch gibt es in einigen Ländern öfter mal Probleme mit nicht vorhandenem Fachpersonal, vor allem Elektrikern. Und die wenigen, die da sind, sind verständlicherweise sehr wechselwillig, wenn sie in einem anderen Unternehmen mehr Geld verdienen können. So hatte ich in Indien bei vier verschiedenen Unternehmen immer mit dem gleichen Inder zu tun.

Wenn ich es genau überlege, ist Indien eigentlich persönlich auch mein Lieblingsland, wenn es um besondere Erlebnisse geht (lacht). So ist eine indische Stunde immer gleichzusetzten mit zwei Stunden bei uns und auch der Straßenverkehr ist ein Phänomen für sich. Ampelanlagen dienen nur zur Beleuchtung von Straßenkreuzungen und nicht als Signalgeber und ein täglicher Stau auf dem Weg ist praktisch schon vorprogrammiert. So stand ich morgens mal an einem Bahnübergang, wo die Schranken geschlossen waren und sich ein langer Zug mit gefühlten zwei Stundenkilometern an uns vorbeibewegte. Anstatt aber hintereinander zu warten, stellten sich die Autos nebeneinander auf jeder Schrankenseite auf und als die Schranke nach unzähligen Minuten dann schließlich öffnete, folgte absolutes Chaos, begleitet von einem ohrenbetäubenden Hupkonzert.

Was ist das Besondere für Dich an den Auslandsaufenthalten?

Für mich besonders reizvoll sind die unterschiedlichen Länder, die ich durch meine Arbeit für DESMA Schuhmaschinen kennenlernen darf. Einmal war ich in einem halben Jahr auf sechs verschiedenen Kontinenten. Das hängt vor allem damit zusammen, dass wir in unserem Unternehmen keine fest zugeteilten Gebiete haben, sondern von Auftraggeber zu Auftraggeber flexibel geguckt wird, wer den Auftrag von uns als Servicetechniker übernimmt. Manchmal auch abhängig von bereits vorhandenen Visa für spezielle Länder, wie beispielsweise Indien-Pakistan oder Iran-Israel. Ausnahmen gibt es bei einzelnen Gebieten natürlich auch: So werde in Japan beispielsweise immer ich für den Aufbau und die Abnahme der Maschinen angefordert. Das liegt daran, dass der Vertreter von DESMA in Japan gleichzeitig unser Kunde ist, d. h. er kauft als Kunde unsere Maschinen und verkauft sie dann als Vertreter von DESMA weiter und will deshalb immer den gleichen Servicetechniker vor Ort haben. Mein Ziel ist es, auf jeden Fall alle Länder, in die wir Maschinen verkaufen, auch einmal gesehen zu haben.

Was ist Dein persönliches Fazit der bisherigen Jahre als Servicetechniker?

Wie eingangs schon gesagt, habe ich hier meinen absoluten Traumjob gefunden. Ich könnte mir momentan einfach nichts Besseres vorstellen: Neue Länder und Kulturen entdecken, mit den verschiedensten Menschen zusammenarbeiten, keine Routine, weil jeder Auftrag Dich vor neue Herausforderungen stellt und das absolute Glücksgefühl, wenn man Problemstellungen im Team erfolgreich angeht und gemeinsam Lösungen erarbeitet. Und dann, am Ende, die Anlage ihre Produktion aufnimmt und man in das zufriedene Gesicht des Kunden schaut. Das ist das, was mir jedes Mal zeigt, den richtigen Beruf gewählt zu haben. Man sollte aber nicht denken, dass das Arbeiten in Ländern, die bei vielen auch als Urlaubsland hoch im Kurs stehen, mit einem praktisch von der Firma bezahlten „Urlaub“ gleichzusetzen ist. Viele denken „Oh, Dominikanische Republik gleich Strand“, aber dass der Strand vier Stunden von meiner Arbeitsstätte entfernt ist, wird dann schnell übersehen. Oder auch das Beispiel Indien. Indien ist für viele nur der Bundesstaat Goa mit seinen Stränden, ich aber war in Kanpur im Norden Indiens eingesetzt, der Stadt, die erst 2018 von der WHO als Stadt mit der weltweit größten Luftverschmutzung eingestuft wurde. Ich persönlich habe bis dahin noch nie eine solch schlechte Luft – eine Gemengelage aus Autoabgasen und den beißenden Gerüchen der vor Ort ansässigen Lederindustrie – eingeatmet.

Für viele Länder absolvieren wir seitens der DESMA zusätzlich auch ein spezielles Sicherheitstraining für das Arbeiten im Ausland. Ziel dieses Trainings ist es, uns über Risiken und das entsprechende sicherheitsgerechte und vor allem länderspezifische Verhalten an unseren jeweiligen Einsatzorten zu informieren. Mir persönlich ist in den ganzen Jahren noch nie etwas passiert. Bei vielen Dingen hilft auch einfach der gesunde Menschenverstand weiter. Dass ich in bestimmten Gebieten nicht mit viel Bargeld oder offen zur Schau gestellter teurer Uhr oder einem Fotoapparat herumlaufe, sollte eigentlich jedem klar sein. Und auch, dass ich nicht auf irgendwelchen Märkten Getränkeflaschen kaufe, die offensichtlich schon einmal geöffnet waren. Wenn man das alles berücksichtigt und sich aufmerksam und offen für die verschiedenen Menschen und Kulturen in den Ländern bewegt, bietet einem dieser Beruf definitiv etwas, was Lichtjahre von einem eintönigen Leben, einem tagaus, tagein, entfernt ist. Also einfach perfekt für mich!

Jan, wir danken Dir für dieses interessante Gespräch!

Thorsten Ehrenteit

Drei Dinge, die mir zur Salzgitter AG einfallen: 1. großer Stahlhersteller im ländlichen Raum 2. die unglaubliche Einsatzbreite des Werkstoffes Stahl 3. Frodo hätte den EINEN Ring auch bei uns im Hochofen einschmelzen können

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