Bewerbungsgespräch Gehören schauspielerische Fähigkeiten zum Kompetenzprofil eines guten Recruiters? Ja, wenn auch nicht zu den Kernkompetenzen. Aber nützlich ist es schon, wenn man glaubhaft in andere Rollen schlüpfen kann. Beispiel Bewerbungsgespräch: Aktuell suchen wir z.B. für den Personalbereich eine Kollegin (im folgenden Text sind immer beide Geschlechter gemeint), die Personalentwicklungsgespräche führen soll. Man könnte nun im Bewerbungsgespräch einfach fragen: Können Sie das? Und würde mit großer Sicherheit ein: „Ja, klar“ zu hören bekommen.

Wir wollen das aber meist genauer wissen und bereiten daher für die Gespräche mit den aussichtsreichsten Kandidaten unterschiedlichste alltagsnahe Simulationen vor. Bei einer Stelle als Betriebsingenieurin kann es z.B. sein, dass wir eine Arbeitsbesprechung nachstellen, in der die Störung eines Anlagenteiles diskutiert wird. Die Bewerberin erhält dann Pläne und Zahlenmaterial zur Anlage, die Namen von ein paar Gesprächspartnern, einen Laptop und ein gewisses Zeitfenster, in dem sie im Kontakt mit potenziellen Kollegen eine Problemlösung erarbeiten soll, die im Anschluss zu präsentieren ist. Für eine Position im Personalbereich bieten sich Gesprächssituationen wie z. B. das oben erwähnte Personalentwicklungsgespräch an. Dann werde ich im Rollenspiel zum feedbackresistenten Mitarbeiter und versuche, durch eine Variation meines Verhaltens die Kommunikationsfähigkeiten meines Gegenübers zu testen (was mir selbst auch einen gewissen Spaß bereitet).

Mittlerweile bauen wir in sehr viele Bewerbungsverfahren am Standort Salzgitter solch kleine Alltagssituationen ein. Da wir konkrete Themenstellungen und Aufgaben aus dem jeweiligen Berufsalltag nehmen, können wir mit wenig Aufwand eine Situation erzeugen, die es den Bewerbern ermöglicht, gewissermaßen live in die zukünftigen Aufgaben (oder zumindest Teile davon) reinzuschnuppern. Gleichzeitig können wir uns auf Basis konkreter aufgabenbezogener Beobachtungen ein fundiertes Urteil bilden. Ein Aspekt dabei ist die Lösung der konkreten Aufgabe. Ebenso wichtig ist uns aber auch der Weg zur Lösung. Wie wurden die Infos ausgewertet und priorisiert? Ist das notwendige Fachwissen vorhanden und zielführend angewandt worden? Werden die geforderten Sozial- und Methodenkompetenzen sichtbar? Wir achten dabei natürlich auf realistische Bedingungen, eine faire Bewertung und haben im Hinterkopf, dass der Bewerber mehr unter Streß steht als später in der Alltagssituation.

Und wenn dann der „Schauspieler“ auch mal über sich selbst grinsen muss, weil er in einem Punkt doch über das Ziel hinausgeschossen ist, dann nimmt das die Spannung aus der Situation und zeigt, dass neben der notwendigen Ernsthaftigkeit das richtige Quäntchen Humor in unserer Arbeit ebenso seinen festen Platz hat. (Autor: Markus Rottwinkel)

Markus Rottwinkel

Drei Dinge, die mir zur Salzgitter AG einfallen: 1. Faszinierende Dimensionen bei Anlagen und Prozessen 2. Stahl riecht lecker 3. Hieß der Ort oder der Konzern zuerst Salzgitter?

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2 Kommentare
  • Markus Rottwinkel

    28. Juli 2010, 08:44

    Hallo Frau Blindert, Danke für den wichtigen Hinweis. Die Arbeitsproben erfolgen erst im Zweitgespräch. Wenn wir dazu die Kandidaten einladen, erklären wir genau, was auf sie zukommt, um eine größtmögliche Transparenz zu schaffen. Denn wir halten das für genauso wichtig wie Sie. Schöne Grüße Markus Rottwinkel

  • Ute Blindert

    27. Juli 2010, 18:10

    Für mich hört sich das nach einer durchaus realistischen und nachvollziehbaren Übung an. Und auch, wenn der Stress im Vorstellungsgespräch größer ist als später im Alltag, kann dies doch als fairer Einblick gezählt werden. Was ich allerdings für wichtig halte, ist, dass der Bewerber weiß, dass eine solche Situation auf ihn zukommen kann.

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