Kann man aus der Abwärme unserer Anlagen noch mehr rausholen? Können wir noch ressourcenschonender produzieren? Das sind Fragen, die viele Kolleginnen und Kollegen im Konzern immer wieder beschäftigen. Ein Projekt, nämlich das GrInHy-Projekt, möchten wir heute vorstellen. Im Interview mit Herrn Kroop, dem Projektkoordinator, erfahren Sie mehr dazu. GrInHy steht übrigens für Green Industrial Hydrogen via reversible high-temperature electrolysis.
Herr Kroop, was ist der Kerngedanke des GrInHy-Projekts?
Es gibt eigentlich 2 Kerngedanken, die unsere Projektvision bestimmen. Erstens: Mit Strom aus regenerativen Energiequellen wird aus Dampf, vornehmlich aus Abwärmeprozessen, sehr energieeffizient „grüner“ Wasserstoff erzeugt. Zweitens: Mit derselben Anlage können aus Erdgas oder Prozessgasen, die z.B. in der Kokerei oder im Stahlwerk entstehen, Strom und Wärme erzeugt werden. Die Anlage ist also reversibel einsetzbar.
Können Sie bitte den ersten Schritt nochmal genauer erklären.
Da muss etwas weiter ausgeholt werden: Mit dem Ausbau erneuerbarer Energien wird zukünftig die Stromerzeugung noch stärker fluktuieren, d.h. es wird sowohl Zeiten mit hohem als auch Zeiten mit geringem Angebot erneuerbaren Stroms geben. Wenn es soweit ist, werden flexible Stromlasten, -erzeuger und -speicher benötigt. Die reversible Elektrolyse könnte theoretisch diese Aufgaben übernehmen.
Der Fokus liegt für uns auf der flexiblen Wasserstofferzeugung und dem Einsatz im Hüttenverbund der Salzgitter Flachstahl GmbH. Dort wird derzeit Wasserstoff aus fossilen Quellen für Glühprozesse eingesetzt. Die Versuchsanlage des Projekts soll einen geringen Teil dieses Bedarfs decken. Bei einer weitaus größeren Anlage könnte der überschüssige Wasserstoff aber schon als Ersatz von Kohlenstoff (Reduktionsmittel) oder Erdgas eingesetzt werden. In diesem Fall wäre es möglich, die kostenpflichtigen CO2- Emissionen des Werkes zu reduzieren und somit die Umwelt zu schonen.
Was ist Ihre Aufgabe in dem Projekt?
Beim GrInHy Projekt übernehme ich die Projektkoordination. Insgesamt besteht das Projektkonsortium aus acht Partnern aus fünf verschiedenen EU-Mitgliedsstaaten. Als Koordinator bin ich die Schnittstelle – sowohl zwischen unseren Partnern als auch zum Fördermittelgeber. Ich kümmere mich also um das administrative Projektmanagement. Das umfasst z.B. das Vertragswesen, die Korrespondenz mit dem Fördermittelgeber und das Controlling des Projektfortschritts. Darüber hinaus arbeite ich inhaltlich an den projektbegleitenden Studien zur techno-ökonomischen Machbarkeit und der ökobilanziellen Bewertung der Technologie.
Im Allgemeinen liegt mein Interesse als Ingenieur naturgemäß verstärkt auf der Technologie des Projektes. Für mich persönlich ist die Aufgabe aber auch vor allem aufgrund der hohen Eigenverantwortung besonders reizvoll, da es das erste Förderprojekt ist, das ich von Beginn an hauptverantwortlich begleite. Die Internationalität des Projektes macht das Projekt für mich zusätzlich reizvoll.
Was ist das Neue an der Technologie – Elektrolyse gibt es doch schon?
Das ist richtig, die elektrolytische Wasserstofferzeugung gibt es schon etwas länger – so seit 1800. Aber aufgrund der bereits genannten Herausforderungen der Energiewende, z. B. Strom flexibel zu erzeugen oder zu verbrauchen, ist die Thematik höchstaktuell. Im Allgemeinen gelten Wasserstofftechnologien auch als Querschnitts- oder Schlüsseltechnologien, z. B. für die Sektoren Energie, Mobilität oder Prozessindustrie.
Im Gegensatz zur alkalischen oder PEM (Proton Exchange Membran) Wasserelektrolyse arbeitet unser Hochtemperatur-Elektrolyseur mit Wasserdampf. Das ermöglicht die Einbindung von industrieller Abwärme. Damit ist unsere Technologie nicht nur sehr energieeffizient, sondern hat zugleich einen höheren elektrischen Wirkungsgrad.
In unserem Projekt soll aber auch der Beweis erbracht werden, dass diese Technologie fähig ist, „grünen“ Wasserstoff aus fluktuierender, regenerativer Stromerzeugung zu erzeugen. Dazu soll das Projekt erste Erkenntnisse zur Flexibilität und Dynamik des Elektrolysesystems liefern.
Im GrInHy Projekt wird bei der Salzgitter Flachstahl GmbH Stand heute die weltweit leistungsstärkste Hochtemperatur-Elektrolyse mit einer Eingangsleistung von 150 kWel betrieben werden. Man sollte dabei aber nicht vergessen, dass es sich immer noch um eine Versuchsanlage handelt. Welchen Beitrag die Technologie zur Umsetzung der Energiewende oder Dekarbonisierung der Industrie theoretisch leisten kann, ist die Frage, die nach Projektende beantwortet wird – ich bin gespannt.
Woran arbeiten Sie, wenn Sie nicht in Sachen GrInHy unterwegs sind?
Nun, seit bald drei Jahren bin ich als Fachingenieur in der Hauptabteilung Ressourceneffizienz und FuE Koordination bei der Salzgitter Mannesmann Forschung GmbH (SZMF) tätig. Mein Aufgabenbereich ist entsprechend vielfältig. So unterstütze ich konzernübergreifend bei Nachhaltigkeitsfragestellungen, z. B. zum Thema Ökobilanzierung unserer Stahlprodukte, bei techno-ökonomischen Bewertungen neuartiger Ressourceneffizienz-Technologien oder der Fördermittelakquise und Initiierung von Förderprojekten.
Die Koordinationstätigkeit bei GrInHy beinhaltet also von allem etwas.
Vielen Dank für das Interview.
Weitere Informationen z. B. zur Technologie und den Projektzielen sind auf der Projekt-Website www.green-industrial-hydrogen.com zu finden.