In der folgenden kleinen Serie, erstmals erschienen als Artikel in unserem Konzernmagazin STIL, möchten wir Sie auf eine Zeitreise mitnehmen, denn die Geschichte des Werkstoffes Stahl reicht weit in die Vergangenheit. Und die Salzgitter AG hat einige Kapitel davon mitgeschrieben.

Motor der Modernisierung: Wie Eisen und Stahl die Entwicklung unserer Zivilisation vorantreiben

Das erste Eisen, das Menschen nach ihrem Willen formten und für ihre Zwecke nutzten, war nicht von dieser Welt. Es war vom Himmel gefallen: Die Eisenperlen eines mehr als 5.000 Jahre alten ägyptischen Grabschmucks stammten aus einem Meteoriten, wie eine wissenschaftliche Analyse zeigte. Das also war der Grund, weshalb die Pharaonen Eisen das „schwarze Kupfer vom Himmel“ nannten und auch die Sumerer vom „Himmelmetall“ sprachen. Und es war auch der csm_STIL-03-18_high_Image_11_931d3f8cccGrund, weshalb die Inuit sogar im ewigen Eis über Schneidwerkzeuge aus Eisen verfügten – sie hatten jahrhundertelang einen 30 t schweren Meteoriten „abgebaut“. Sehr lange sahen die Menschen im Eisen ein Geschenk der Götter. Es verlieh ihnen Kraft, Status und Macht, war aber auch immer mit Geheimnissen und Mythen behaftet. Als vor rund 5.000 Jahren Eisen irdischen Ursprungs abgebaut und verarbeitet werden konnte, nahmen in allen Kulturen die Männer, die es mithilfe des Feuers aus dem Stein lösten und zu Werkzeugen, Schmuck und Waffen formten, eine besondere Stellung ein. Für die Griechen waren Schmiede mit den Göttern verbündet, in ihrer Mythologie werkelte in einer unterirdischen Schmiede Hephaistos, der Gott des Feuers und der Metallkünste. Er und sein Götterkumpan Prometheus trieben nach ihrem Glauben die Technisierung der Menschheit voran. Der Gebrauch von Metallen war und ist der Maßstab für den zivilisatorischen Fortschritt. Schon die Dichter der Antike wie Homer und Ovid schrieben von „,metallischen Zeitaltern“, die nach den Perioden der Gold-, Silber- und Bronzeverarbeitung in der Verwendung des Eisens ihre Vollendung fanden.

csm_STIL-03-18_high_Image_14_25f0cdb962Und auch heute gliedern Historiker den späteren Abschnitt des „Nacheiszeitalters“ (Holozän) in die Phasen der Kupfer-, Bronze- und Eisenzeit. Ein ganzes Menschenzeitalter ist also nach dem Material benannt, aus dem Stahl gemacht ist – und streng genommen leben wir noch heute in dieser Epoche. Eisen und Stahl beschleunigten den Fortschritt und wurden zum Synonym für den höheren Entwicklungsstand einer Zivilisation, für deren Entwicklung sie folglich von extremer Bedeutung waren. Und dies nicht nur in grauer Vorzeit, sondern im Zuge der Industrialisierung vermehrt seit dem 18. und 19. Jahrhundert. Die Entwicklung verlief aber nicht überall gleichzeitig und auch nicht gleich schnell. Die Chinesen lernten schon vor 2.500 Jahren, Eisen zu schmelzen und zu gießen –, und somit den Eisenguss 2.000 Jahre früher als die Europäer. In Indien steht der 1.600 Jahre alte Qutub-Obelisk, der den Forschern bis heute Rätsel aufgibt: Er will einfach nicht rosten. Die mehr als sieben Meter hohe und sechseinhalb Tonnen schwere Eisensäule wurde aus fast reinem Eisen geschmiedet und ist von einer Schutzschicht ummantelt, die jede Korrosion verhindert. Wie der Rostschutz entstand und ob dies absichtlich oder zufällig geschah, ist unklar. Unzweifelhaft ist der hohe Anteil an Phosphor im Eisen der Säule, der mit dem Sauerstoff der Luft und der Luftfeuchtigkeit reagiert und so die Korrosion verhindert haben könnte. Allein die Größe und Fertigung der Säule belegen die Kunstfertigkeit der Inder in der Eisengewinnung und -verarbeitung – die Säule wurde offenkundig aus mehreren Luppen zusammengeschmiedet.

Teil 2 über die Geschichte des Stahls lesen Sie hier!

Glückauf!

 

Frank Gießelmann

Drei Dinge, die mir zur Salzgitter AG einfallen: 1. Glückauf! 2. Windräder 3. Marmor, Stein und Eisen bricht (...Stahl niemals)

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Ein Kommentar
  • Brennschneiden OnLine

    29. Oktober 2018, 10:24

    Sehr schöner Artikel über die Zeitgeschichte des Stahls, welcher die industriellen Entwicklungen wesentlich geprägt hat. Doch fängt der Qutub-Obelisk in Dehli langsam an zu rosten, obwohl dieser in den siebziger Jahren von Herr von Däniken als Landeplatz für Außerirdische bezeichnet wurde 😉

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